MENSCHEN UNTERWEGS   ..3

Dennoch bleiben alle Fotos sehr diskret. Sie geben keine Karrikaturen ab. Sie spiegeln Charaktere.
Sie werten nicht, sondern konstatieren Tatsächliches.
Unprätentiös, sachlich, zuweilen sensibel.
So bei dem Foto von der Fremdenführerin mit Regenschirm. Gerade dieses Foto lädt den Betrachter ein, sich das Gesicht der abgelichteten Frau genauer anzusehen. Gestik und Mimik signalisieren Freundlichkeit, ja Munterkeit.
Und dennoch kommen einem bei genauerem Betrachten Zweifel. Hinter diesem lächelnden Gesicht scheint etwas verborgen. Bei aller Freundlichkeit suggeriert es auch Verletzlichkeit, wirft Fragen auf.
So ergeht es dem Betrachter immer wieder bei diesen Fotos. Er wird angehalten genau hinzusehen. Die scheinbare Einfachheit lässt unsere von einem schnellen Bildkonsum geprägte Wahrnehmung Ruhe finden.
Sie zwingen gleichsam dazu, in der Einfachheit auch die Komplexität, die Vielschichtigkeit zu entdecken.
So etwa bei dem Foto, das einen gewitzt lächelnden alten Mann mit Mütze und grell roter Fototasche zeigt. Es zieht den Blick des Betrachters magisch an. Was kann man nicht alles in diesem Gesicht lesen?
Sein gesamtes Erscheinungsbild ruft Assoziationen hervor, wirft wiederum Fragen auf. Man mag mit dem Mann ein Gespräch beginnen, seine Lebensgeschichte hören.

Schlichtheit ist das Signum der Fotografin. Ein unbändiges Interesse am Menschen ist Motor dieser Arbeit.
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